Arbeitsgruppe Materialcharakterisierung
Die Arbeitsgruppe Materialcharakterisierung beschäftigt sich mit der Ermittlung von Materialkennwerten und Prozessrandwerten, sowie deren Aufbereitung für den Einsatz in Prozesssimulations- und Materialmodellen. Die Kennwerte werden entweder direkt aus den Experimenten oder über eine anschließende inverse Modellierung ermittelt. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der prozessnahen Charakterisierung der Mikrostrukturentwicklung.
Hot-Gas-Bulgetest
Das IBF erforscht mit dem Hot-Gas-Bulgetest ein neuartiges Prüfverfahren zur Ermittlung von Materialdaten zur virtuellen Abbildung des Presshärtens. Dazu ist ein pneumatischer Tiefungsversuch entwickelt worden, bei dessen Durchführung heiße Stahlbleche zwischen zwei Ringe gespannt, mit einem kontrollierten Gasdruck beaufschlagt und dadurch umgeformt werden. Obwohl die kontrollierte Umformung von Blechen mit Gas herausfordernd ist, können bereits Fließkurven in einem Bereich von 600 bis 950 °C bei konstanten Umformgeschwindigkeiten bis hin zu 0,5 1/s ermittelt werden.
Neben der Materialdatenermittlung für Stahl wird außerdem die Fließkurvenermittlung für die Warmblechumformung von Aluminium mit dem Hot-Gas Bulgetest untersucht. Das weichere Materialverhalten von Aluminium im Vergleich zu Stahl sowie das hohen Reflexionsvermögens von Aluminium in Kombination mit einer starken Oberflächenexpansion führen zu weiteren Herausforderungen hinsichtlich Gasregelung sowie optischer Dehnungsmessung, die am IBF erforscht werden.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Karl Tilly.
Untersuchung von Verbindungsentstehung und -versagen metallischer Legierungen
Das Walzplattieren ermöglicht die gezielte Kombination verschiedener Werkstoffe und damit auch ihrer mechanischen und thermischen Eigenschaften in einem Werkstoffverbund. Da die unter Druckbelastung entstandene Verbindung jedoch durch die Scherbelastung im Walzspaltauslauf wieder aufreißen kann, erfordert die Verbundherstellung zum Teil sehr lange Prozessfolgen, die auch heute noch häufig durch „Trial and Error“ ermittelt werden. Um die Auslegung solcher Prozessketten zu vereinfachen, wurde für das Torsionsplastometer TA STD 812 am Institut für Bildsame Formgebung ein Grundversuch zur Charakterisierung von Verbindungsentstehung und -versagen entwickelt. In diesem Versuch werden die Verbindungspartner induktiv aufgeheizt und unter kombinierter Druck- und Scherbelastung verbunden. Die Prüfung der Verbindungsfestigkeit erfolgt im Anschluss, auf Umformtemperatur, unter einer Kombination aus Zug-, Druck- und Scherbeanspruchung. Das Verfahren ermöglicht somit die Prüfung unter prozessnahen Versuchsbedingungen.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Tobias Teeuwen.
Wärmetechnische Charakterisierung von Oberflächenkontakten
Für Simulationen von Glühprozessen gecoilter Metallbänder ist die Kenntnis der effektiven Wärmeleitfähigkeit in radialer Richtung unverzichtbar. Diese ist aufgrund des beim Wärmetransport in radialer Richtung auftretenden hohen Kontaktwärmewiderstands geringer als die Wärmeleitfähigkeit in axialer Richtung. Der Kontaktwärmewiderstand ist eine Parallelschaltung dreier Wärmewiderstände grundlegender Wärmeübertragungsmechanismen und demnach von verschiedensten Einflussgrößen abhängig. In Zusammenarbeit mit den Instituten für Industrieofenbau und Gesteinshüttenkunde entwickelt das IBF einen Versuchsstand, mit dem der Kontaktwärmewiderstand aus Temperaturmesswerten bis hin zu Temperaturen von 1250 °C und Kontaktdrücken von 25 MPa indirekt bestimmt werden kann. Weitere Parameter, die innerhalb der Versuchskampagnen variiert werden, sind der Werkstoff, das Oberflächenrauheitsprofil sowie die Umgebungsatmosphäre mit bis zu 100 % Wasserstoff. Die gewonnenen Messwerte dienen zur Validierung eines analytischen Modells und können bei der Simulation von Warmumformprozessketten genutzt werden.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Daniel Petrell.
Reibwertermittlung mittels erweitertem Rohrkegelstauchversuch
Der Rohrkegelstauchversuch wird zur Ermittlung von Reibkoeffizienten unterschiedlicher Reibmodelle eingesetzt. Dabei wird, ähnlich wie beim ebenfalls am Institut verfügbaren Ringstauchversuch, die geometrische Änderung des Probenkörpers gemessen und beispielsweise mittels Nomogrammen ausgewertet. Die konische Kontaktfläche unterdrückt das Auftreten von Haftreibung und ermöglicht so homogenere Versuchsbedingungen, auch unter hoher vorherrschender Reibung. Darüber hinaus wurde der Aufbau um einen blauen Linienlaser erweitert, sodass die Geometrieänderung während der Umformung über die gesamte Probenkontur aufgezeichnet werden kann. Diese Messwerte können einerseits zur inversen Ermittlung der vorherrschenden Reibung und andererseits zur Untersuchung der Änderung der Reibung während des Stauchvorgangs herangezogen werden. Der Aufbau erlaubt die Prüfung von Werkstücktemperaturen bis ca. 1200 °C. Außerdem können die eingesetzten Werkzeuge auf Temperaturen bis 300 °C vorgeheizt werden.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Michel Henze.
Umformtechnisch hergestellte querschnittsvariable Einzelzahnspulen
Obgleich bei elektrischen Traktionsantrieben mit Zentralmotor verteilte Windungen elektromagnetische Vorteile aufweisen, stellt der elektrische Radnabenmotor ein Anwendungsbeispiel bei Traktionsantrieben dar, bei dem konzentrierte Windungen zu bevorzugen sind. Aufgrund des in axialer Richtung kompakten Aufbaus konzentrierter Wicklungen in Kombination mit dem stark begrenzten Bauraum kann durch den Einsatz querschnittsvariabler Einzelzahnspulen die maximale Drehmomentdichte des elektrischen Radnabenmotors erhöht werden. Am IBF wurden verschiedene Umformkonzepte zur Herstellung querschnittsvariabler Einzelzahnspulen im Labormaßstab untersucht. Das effektivste Konzept einer mehrstufigen Stauchumformung, bei dem die Spule ausgehend von einer CNC-gebogenen Einzelzahnspule aus Rechteckdraht in mehreren Hüben auf Zielgeometrie mit variabler Querschnittsform geformt wird, wurde in industriellem Umfeld, in enger Zusammenarbeit mit den Projektpartnern, auf Serienreife optimiert.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Daniel Petrell.
Aluminiumwarmblechumformung - Prozessabbildung im Labormaßstab
Die Verlässlichkeit und Robustheit von neu entwickelten numerischen Simulationsmethoden kann durch breit aufgestellte Ergebnisvalidierungen gewährleistet werden. Dazu werden kritische Zielgrößen aus experimentell hergestellten Bauteilen und der numerischen Simulation miteinander verglichen. Für die Validierung der Simulationsmethoden für die modernen Aluminiumwarmblechumformprozesse verfügt das IBF über verschieden komplexe Versuchsaufbauten, die die reine gasbasierte Herstellung von rotations-, spiegel- und nichtsymmetischen Bauteilen ermöglicht sowie die hybridisierte Herstellung durch Tiefziehen und Gaskalibrieren. Zielgrößen, wie Blechausdünnung, Flanscheinzug und Formfüllung können für den Abgleich mit der numerischen Simulation herangezogen werden. Neben der Abbildung der Umformprozesse im Labormaßstab zur Simulationsvalidierung werden auch kritische Bauteileigenschaften, wie Härteverteilung, Mikrostrukturentwicklung und Festigkeiten, im Verlauf der Prozesskette quantifiziert.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Tobias Teeuwen.