Innovativ prüfen
Die Entwicklung neuer Werkstoffe und Prozesse erfordert oftmals auch den Einsatz und die Weiterentwicklung innovativer Prüftechnik. Das Institut bietet hierfür vielseitigste Möglichkeiten.
Die in diesem Querschnittsbereich verankerten Forschungsthemen sind unterschiedlichen Arbeitsgruppen zugeordnet und werden im Folgenden dargestellt.
Untersuchung von Verbindungsentstehung und -versagen metallischer Legierungen Das Walzplattieren ermöglicht die gezielte Kombination verschiedener Werkstoffe und damit auch ihrer mechanischen und thermischen Eigenschaften in einem Werkstoffverbund. Da die unter Druckbelastung entstandene Verbindung jedoch durch die Scherbelastung im Walzspaltauslauf wieder aufreißen kann, erfordert die Verbundherstellung zum Teil sehr lange Prozessfolgen, die auch heute noch häufig durch „Trial and Error“ ermittelt werden. Um die Auslegung solcher Prozessketten zu vereinfachen, wurde für das Torsionsplastometer TA STD 812 am Institut für Bildsame Formgebung ein Grundversuch zur Charakterisierung von Verbindungsentstehung und -versagen entwickelt. In diesem Versuch werden die Verbindungspartner induktiv aufgeheizt und unter kombinierter Druck- und Scherbelastung verbunden. Die Prüfung der Verbindungsfestigkeit erfolgt im Anschluss, auf Umformtemperatur, unter einer Kombination aus Zug-, Druck- und Scherbeanspruchung. Das Verfahren ermöglicht somit die Prüfung unter prozessnahen Versuchsbedingungen. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Tobias Teeuwen. Bild: Rotglühende Stahlproben bei der Verbindungsuntersuchung, Bildrechte: IBF |
Reibwertermittlung mittels erweitertem Rohrkegelstauchversuch Der Rohrkegelstauchversuch wird zur Ermittlung von Reibkoeffizienten unterschiedlicher Reibmodelle eingesetzt. Dabei wird, ähnlich wie beim ebenfalls am Institut verfügbaren Ringstauchversuch, die geometrische Änderung des Probenkörpers gemessen und beispielsweise mittels Nomogrammen ausgewertet. Die konische Kontaktfläche unterdrückt das Auftreten von Haftreibung und ermöglicht so homogenere Versuchsbedingungen, auch unter hoher vorherrschender Reibung. Darüber hinaus wurde der Aufbau um einen blauen Linienlaser erweitert, sodass die Geometrieänderung während der Umformung über die gesamte Probenkontur aufgezeichnet werden kann. Diese Messwerte können einerseits zur inversen Ermittlung der vorherrschenden Reibung und andererseits zur Untersuchung der Änderung der Reibung während des Stauchvorgangs herangezogen werden. Der Aufbau erlaubt die Prüfung von Werkstücktemperaturen bis ca. 1200 °C. Außerdem können die eingesetzten Werkzeuge auf Temperaturen bis 300 °C vorgeheizt werden. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Michel Henze. Bild: Glühende Rohrkegelprobe vor und nach dem Stauchen, Bildrechte: IBF |
Hot-Gas-Bulgetest Das IBF erforscht mit dem Hot-Gas-Bulgetest ein neuartiges Prüfverfahren zur Ermittlung von Materialdaten zur virtuellen Abbildung des Presshärtens. Dazu ist ein pneumatischer Tiefungsversuch entwickelt worden, bei dessen Durchführung heiße Stahlbleche zwischen zwei Ringe gespannt, mit einem kontrollierten Gasdruck beaufschlagt und dadurch umgeformt werden. Obwohl die kontrollierte Umformung von Blechen mit Gas herausfordernd ist, können bereits Fließkurven in einem Bereich von 600 bis 950 °C bei konstanten Umformgeschwindigkeiten bis hin zu 0,5 1/s ermittelt werden. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Karl Tilly. Bild: Glühendes Stahlblech im gasbasierten Tiefungsversuch, Bildrechte: IBF |
Wärmetechnische Charakterisierung von Oberflächenkontakten Für Simulationen von Glühprozessen gecoilter Metallbänder ist die Kenntnis der effektiven Wärmeleitfähigkeit in radialer Richtung unverzichtbar. Diese ist aufgrund des beim Wärmetransport in radialer Richtung auftretenden hohen Kontaktwärmewiderstands geringer als die Wärmeleitfähigkeit in axialer Richtung. Der Kontaktwärmewiderstand ist eine Parallelschaltung dreier Wärmewiderstände grundlegender Wärmeübertragungsmechanismen und demnach von verschiedensten Einflussgrößen abhängig. In Zusammenarbeit mit den Instituten für Industrieofenbau und Gesteinshüttenkunde entwickelt das IBF einen Versuchsstand, mit dem der Kontaktwärmewiderstand aus Temperaturmesswerten bis hin zu Temperaturen von 1250 °C und Kontaktdrücken von 25 MPa indirekt bestimmt werden kann. Weitere Parameter, die innerhalb der Versuchskampagnen variiert werden, sind der Werkstoff, das Oberflächenrauheitsprofil sowie die Umgebungsatmosphäre mit bis zu 100 % Wasserstoff. Die gewonnenen Messwerte dienen zur Validierung eines analytischen Modells und können bei der Simulation von Warmumformprozessketten genutzt werden. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Lena Koch. Bild: Versuchsstand zur Bestimmung des Kontaktwärmewiderstands, Bildrechte: IBF |